„They don’t care about us“ – jetzt schon, zumindest ein bisschen
An einer Weggabelung trotten wir unserem Guide hinterher; er geht nach links in eine sehr enge Gasse, die zu allem Überfluss auch noch dunkel ist. Wir kommen an einem kleinen Souvenir-Lädchen vorbei, das Handtücher in Landesfarben in die offene Tür gehängt hat. Direkt dahinter, im grellen Sonnenlicht kaum erkennbar: eine Aussichtsplattform. In der rechten Ecke, im Schatten, schauen drei mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten recht finster drein. Wozu der Aufriss? Und dann entdecke ich es, beziehungsweise ihn. In Lebensgröße; ich hatte ihn mir größer vorgestellt, den King of Pop: Michael Jackson steht in Blei gegossen auf diesem Platz, die Arme von sich gestreckt und zu einer Faust geballt. Hinter ihm breitet sich Rio De Janeiro aus. Im Vordergrund hangeln sich die Bruchbuden der Favela den Morro hinab.
Vielleicht war das auch ein Grund für Michael Jackson, das Video zu seinem Song „They don’t care about us“ hier zu drehen. Damals, 1996, als sich wirklich noch niemand für die Menschen in den Favelas interessierte. Das ist jetzt vorbei, die Stadt Rio versucht zwar nur halbherzig, den Bewohnern der armen Stadtteile, wie etwa Santa Marta, fließend Wasser, Strom und eine vernünftige Kanalisation zu finanzieren. Aber Rio lebt vom Tourismus, hängt von ihm ab. So auch die Favelas, wobei Santa Marta mit etwa 10.000 Bewohnern zu den kleineren gehört.
So klein kommt sie dir aber gar nicht vor, wenn du die, gefühlt, 50.000. Stufe erklimmst, und dann meinst, endlich oben angekommen zu sein. Bist du aber nicht, es sind nochmal so viele Treppen. Insgesamt 788 Stück. 788 Schritte bis zur Erlösung. Um dich herum spielen die Kinder Fußball, mitten im Staub, zwischen aufgehängter Wäsche. Ihre Mütter schimpfen mit ihnen oder feuern sie an – du weißt es nicht so genau, wenn du kein Portugiesisch kannst, oder dein Spanisch eingerostet ist.