Foto: Roman Domes

Mein zweites Auto, den kleinen BMW E46 325ti, hatte ich nur wegen seines starken Motors gekauft, quasi als Wolf im Schafspelz. Damals, ja, es ist schon zehn Jahre her, waren seine 192 PS aus sechs Zylindern eine Wucht. Sein Äußeres? Naja, lassen wir das lieber. Einen Designpreis hat er jedenfalls nie gewonnen, der zweite BMW Compact. Lange Zeit liebäugelte ich mit einem 135i Coupé als Nachfolger für den 3er - das Konzept hätte perfekt gepasst: kompakte Abmessungen, zwei Türen, starker Motor. Bevor ich ihn Probefahren konnte, besuchte mich (zum Glück) ein ehemaliger Kollege mit seinem Z4 3.0si Coupé - und ließ mich eine Runde drehen. Fasziniert war ich vom geschlossenen Z4 schon seit seiner Einführung im Jahr 2006; nach der ersten Fahrt war ich verliebt in das Coupé.
BMW Z4 Coupé: stark oder stärker
Dabei ist es wichtig zu unterscheiden zwischen Roadster und Coupé. Der Z4 Roadster ist ein schönes, gefälliges Auto, schick, aber untereinander leicht austauschbar, da es ihn sogar mit schlappem Vierzylinder gab. Das Z4 Coupé gibt es nur in stark oder in stärker: 265 PS als 3.0si oder 343 in der M-Variante mit 3,2 Litern Hubraum. Das Design? In jedem Fall polarisierend. "Als gewöhnlich oder gar der Norm entsprechend geht der Zweisitzer analog zu seinem Vorgänger nämlich genauso wenig durch", schrieb das Fachmagazin sport auto im Supertest über den Zweisitzer.
Es war die Zeit von Chris Bangle, der den BMWs aus der Zeit vor und nach der Jahrtausendwende seine Handschrift gab. Einige erinnern sich mit Schrecken an den 3er E46 Compact, den Buckelwal-7er E65 und an den 5er E60 mit den geschwungenen Angel-Eyes, die so aussahen, als trüge diese Business-Limousine Lidschatten. Mitten in dieser Zeit kam der damals neue BMW Z4 Roadster auf den Markt - wie der Z3 aus der Feder Bangles. Und wie der Z3 wurde auch der Z4 zum Bestseller. Insgesamt baute BMW in den Jahren 2003 bis 2008 exakt 197.950 BMW Z4, davon waren 180.856 Roadster und 17.094 Coupés. 
BMW Z4 3.0si Coupé, Heckansicht, Diffusor

Foto: Roman Domes

Ein M-Paket ohne Schürzen und Aufkleber
Meinen in Saphirschwarz lackierten Z4 fand ich beim Stöbern auf einem Gebrauchtwagen-Portal, das heute zu ebay gehört. Das Z4 Coupé stand in Göppingen. Ich wohnte in Stuttgart. Praktisch. Kurze Probefahrt. Passt. Meins. Der Vorbesitzer hatte M-Performance-Teile ans Heck basteln lassen: Diffusoreinsatz und Abrisskante. Sexy. Weiteres wichtiges Kriterium: das M-Paket, das beim Z4 zwar keine Schürzen, 892 M-Papperl oder Plastikmotorabdeckungen mit "powered by M Performance"-Aufschriften beinhaltete, dafür aber Fahrwerk, Sportsitze und ein dickes Lenkrad. 
Und - selbstredend - kam für mich nur ein Z4 Coupé eine Handschaltung in Frage. Undenkbar, ein solch puristisches Auto mit einem Automatikgetriebe zu fahren - zumal das damalige Sechsstufen-Getriebe aus sportlichen Gesichtspunkten ein echter Reinfall war. Mich reizt an einer Handschaltung vor allem die Tatsache, dass man zwangsläufig mit dem Fahrzeug interagieren muss: Auskuppeln, Schleifpunkt finden, Einkuppeln, Schalten. Ständige Interaktion - außer vielleicht auf der Autobahn. Das macht jedes Schaltgetriebe irgendwie interessant.
BMW Z4 E86 Coupé, Cockpit, Roman Domes

Foto: Roman Domes

Knackig und fast perfekt: das Sechsgang-Getriebe
Beim Z4 brauchst du eine stramme Hand, die Gänge rasten keineswegs so selbstverständlich ein, wie man das manchmal gerne hätte. Es braucht ein bisschen Nachdruck - und das ist gut! Jedes Mal, wenn ich mich bei einem etwas hakelig-kratzigen Schaltvorgang ertappe, rufe ich mir ins Gedächtnis: "Konzentriere dich!" Was das Getriebe trotz seiner leichten Zickigkeit so gut macht, ist die Tatsache, dass der Schalthebel prinzipiell wenig Spiel hat. Jeder, der schon mal einen aktuellen M240i oder M2 mit Handschaltung gefahren ist, kennt das gummiartige, etwas belegte Gefühl dieser Boxen beim Gangwechsel. Beim Z4 fühlt sich das metallischer an - besser. 
Fahren mit Zwischengas funktioniert ziemlich easy - aus mehreren Gründen. Etwa aufgrund der Pedalanordnung. Brems- und Gaspedal liegen direkt nebeneinander, dabei entwächst das Gaspedal dem Fahrzeugboden, das Bremspedal hängt. Und: Der Motor dreht spielerisch leicht hoch. Bedeutet: Egal ob mit gekippten Fuß beim Anbremsen von Kurven oder einfach nur so beim Herunterschalten im Alltag - ein kurzes Antippen des Gaspedals reicht, um den Motor auf die passende Getriebedrehzahl zu bringen und ein Lastwechselrucken zu verhindern. Schmankerl: Es klingt fantastisch. Überhaupt. Dieser Motor ist ein Gedicht - in jeder einzelnen Kategorie.

Foto: BMW

Der letzte BMW-Sportwagen mit Reihensechszylinder-Saugmotor
Mit dem N52 führte BMW im Jahr 2004 eine neue Generation von Saugmotoren ein, die den M54 beerbete. Wie letzteren gab es auch den N52 in unterschiedlichen Versionen, wobei der kleine 2,2-Liter-R6 wegfiel und stattdessen ein gedrosselter 2,5-Liter zum Einsatz kam. Der N52 stand in zwei Hubraumausführungen (2,5 und 3,0 Liter) sowie drei Leistungsstufen (177, 218 und 265 PS) zur Verfügung. Im Z4 3.0si Coupé werkelte das leistungsstärkste Aggregat mit 265 PS und 315 Nm maximalem Drehmoment. 
Genug Datensalat, der N52 gehört zu den besten Motoren, die ich je gefahren bin. Er kann alles, das macht ihn so einzigartig: Er brummt tief-bassig im Drehzahlkeller, knurrt sich durch den mittleren Bereich, bevor er ab 5.000/min kehlig grölt, ab 6.000/min schreit. Es ist die große Bandbreite an Tonalitäten und Klang(laut)stärke, die ihn so einzigartig machen. Während ein neuer, aber turboaufgeladener M2 zwar gut klingt, wird er bei steigender Drehzahl nicht wirklich lauter und klingt auch nicht besser - vor allem im Innenraum. 
Der N52B30 ist zwar kein ausgewiesener Rennmotor (wie der S54), doch die Anlagen sind unüberhörbar. Mit ihm gehst du gerne an den Drehzahlbegrenzer - nicht nur, weil dort die Maximalleistung liegt, sondern auch, weil es so gut klingt. Fährst du so einen wie ihn, sehnst du dich nach nichts weniger als einem "Turbobumms". Der Saugmotor spricht extrem feinnervig an, ohne jegliche Verzögerung - vor allem im Sportmodus. So feinfühlig, dass sich jeder M54-Motor plötzlich schlapp und träge anfühlt. 315 Nm stellt der Dreiliter parat, lange Zeit Klassenbestwert (Porsche Cayman 981c: 290 Nm), heute vergleichsweise dürftig (VW Polo VI GTI: 320 Nm).
Beim Z4 3.0si Coupé mit Schaltgetriebe hat BMW eine kürzere Hinterachsübersetzung gewählt als beim Roadster (3,46 zu 3,23). Das macht ihn bissiger im Durchzug, hat allerdings keinen Einfluss auf die absoluten Sprintwerte. Von Null auf 100 km/h geht’s nach wie vor in 5,7 Sekunden, bei 250 km/h ist Schluss. Ach, und übrigens: Auch den Nachfolger des E85/E86, den Z4 E89, gab es mit dem N52-Motor - in Sachen Sportlichkeit kommt er nicht ansatzweise auf das Niveau des E86 - auch, weil er mindestens 150 Kilogramm schwerer wog als der 1.390 kg leichte E86 3.0si.
BMW Z4 3.0si, Heckansicht, Diffusor, Nürburgring

Foto: Roman Domes

Das Fahrverhalten: rein, rauh, roh
Meiner Meinung nach der größte Schwachpunkt moderner BMWs - neben dem monotonen Design: das Gefühl, das sie einem beim Fahren vermitteln. Sie fühlen sich an, als wäre bei der Abstimmung noch ein Soft-Filter über all das gelegt worden, was früher als "das ist ein sportliches Kfz, das muss so" durchgegangen wäre. In gewisser Weise betrifft das auch die M-Modelle, wenngleich nicht so extrem wie die AG-Stangenware. Beim Z4 Coupé lief das offenbar noch anders - hier hat man die Auslegung prinzipiell auf Sportfahrerei abgestimmt, nicht auf Herumbummeln. 
Das Fahrwerk federt rauh, das Interieur umschließt dich wie eine Hand eine Colaflasche. Komfort-Features? Eine Sitzheizung sowie ein - völlig unbrauchbares - Navigationssystem mit Pfeildarstellung. Das Z4 3.0si Coupé bleibt ein Auto zum Reinsetzen und Losfahren und Spaß haben. Das macht er überall, sogar in der Stadt, besonders aber auf Landstraßen oder auf der Nürburgring-Nordschleife. Wirkt das M-Fahrwerk im Alltag vielleicht etwas lasch der Rollneigung entgegen, stören diese Karosseriebewegungen bei einer schnellen Fahrt auf der Rennstrecke weniger. 
Das Einlenken: scharf, wenngleich nicht messerscharf, aber auch nicht so stumpf wie bei dem ein oder anderen M-Performance-Automobil. Untersteuern? Nur wenn du wie ein absoluter Hirnbeiß in die Kurve rumpelst und den Bremspunkt meilenweit verpasst hast. Der Z4 lässt sich bei sachgemäßer Bedienung vor der Kurve perfekt platzieren und bei deaktiviertem DSC auch leicht anstellen - ohne krasse Konterneigung. Für Drifts fehlt dem Z4 3.0si Coupé ein Sperrdifferenzial, das das gefürchtete "inside tire fire", also das Durchdrehen des kurveninneren Rads, verhindern würde. Ein lösbares Problem, das allerdings nur bei regelmäßigen Besuchen auf Rennstrecken stört, die mehr langsame und mehr enge Kurven als die Nordschleife aufweisen.
BMW Z4 E86 Coupé, Hamburg Hafen

Foto: Roman Domes

Nicht perfekt, und trotzdem begehrenswert
Natürlich hat auch das BMW Z4 3.0si Coupé ein paar Sachen, die nicht so gut gelungen sind. Zum Beispiel die Bremsen, die einer besonders motivierten Gangart auf der Schleife nicht lange standhalten. Die Qualität im Interieur entspricht zudem nicht immer der, die man von einem neu gut 50.000 Euro (2007) teuren "Premium"-Fahrzeug erwarten würde. Viel Hartplastik, selbst an Stellen, die man oft anfasst, etwa dem Bereich um den Schaltknauf oder in der Nähe der Fensterheber. Dafür bewegen sich Unterhaltskosten für Ersatzteile oder Versicherungsprämien auf einem sehr akzeptablen Niveau, zumindest für einen waschechten Sportwagen.
Wer sich für ein BMW Z4 3.0si Coupé interessiert, muss für Exemplare mit relativ niedriger Laufleistung (weniger als 100.000 km) und guter Ausstattung (Xenon, M-Paket) mindestens 17.500 Euro auf den Tisch legen - und lange suchen: Viele Coupés stehen nicht auf den üblichen Gebrauchtwagenportalen zur Wahl. Im Münchner Umkreis gibt's beispielsweise nur zwei handgeschaltete Z4 Coupés, für mindestens 20.000 Euro.
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