Beim Schlendern durch die Straßen und Gassen fallen immer wieder Moped- oder Roller-Fahrer mit grünen Jacken auf, bestückt mit einem zweiten Helm: Grab-Fahrer. Grab ist das Uber Vietnams, also eine Ride-Hailing-App, mit der man sich entweder ein Roller-Taxi bestellen kann, oder eben ein normales Auto. Unser Fahrer kommt in einem klapprigen Kia Morning (bei uns: Piccanto), spricht nicht und fährt uns für 24.000 Dong (nicht mal 1 Euro) vom Hoàn Kiếm-See ins Old Quarter, Hà Nộis Altstadt, Hà Nộis Herz.
Schmale Gasse? (Ha) Noi, Hauptverkehrsstraße!
Im Old Quarter (offiziell: Phố cổ Hà Nội) quetschen sich Häuser, Menschen, Waren und Roller enger aneinander als schunkelnde Pärchen auf der Münchner Wiesn. Was bei uns maximal als schmales Gässchen durchgeht, ist hier eine Hauptverkehrsader, sodass man permanent fürchtet, von einem Roller niedergemäht zu werden. Passiert natürlich nicht. Aber als Deutscher, der nachts bei leeren Straßen an roten Fußgängerampeln wartet, bist du erst mal skeptisch.
Das Old Quarter war (und ist) das kulturelle Zentrum Hà Nộis, hier saßen früher alle wichtigen Wirtschaftszweige, hier wurde und wird gehandwerkelt, hier spielt sich ein Großteil des Stadtlebens ab. Auf vietnamesisch heißt das Viertel auch Hà Nội 36 phố phường, das Viertel der 36 Straßen – oder der 36 Gilden, genau weiß man das nicht. Einzelne Straßen widmen sich bestimmten Handelswaren und Handwerkskünsten, so gibt es zum Beispiel die "Straße der roten Seide" (Hàng Đào) oder die "Straße der Silberwaren" (Hàng Bạc).
Zudem füllen Straßenstände das Old Quarter. Manche verkaufen Frühlingsrollen, andere Fisch. Und wieder andere haben noch lebende Langusten und anderes Krebsgetier in ihren Eimern zappeln.