Zunächst will ich eins klarstellen: Ja, ich wusste, worauf ich mich eingelassen habe. Und dann allerdings auch wieder gar nicht. Als ich im Herbst 2021 nach Autos schaut, war ich vorher hauptsächlich mit dem Ford Fiesta ST unterwegs, ein kleines, schnelles und spaßiges, aber auch sparsames Auto. Eigentlich nahezu perfekt, aber mit Verbrenner in der Stadt in meinen Augen deplatziert.
Von Berufswegen konnte ich zwei Wochen lang einen Mini Cooper SE fahren – und war angetan von der Ruhe, dem mühelosen Beschleunigen und ja, auch vom Umweltaspekt, beziehungsweise von der Tatsache, dass ich als Radfahrer weiß, wie widerlich Auspuffgase schmecken können. Lokal emissionsfrei unterwegs zu sein, und damit elektrisch, das war eine Bedingung an mein nächstes Kfz. Dazu muss man sagen, dass mich der Mini nachhaltig beeindruckt und auch versaut hat; er schaffte mit einer Ladung rund 180 Kilometer, und das auf der Autobahn. Dabei verbrauchte er auch super wenig: weniger als 14 kWh auf 100 Kilometer, zwar im Sommer bei 25 Grad und im Eco-Modus, aber dennoch beeindruckend. Bei einem etwa 30 kWh großen Akku kann man sich die Reichweite ja easy ausrechnen.
1. Die Sache mit der Reichweite & die fehlende Wärmepumpe
Der Honda E hat prinzipiell sogar einen größeren Akku als der Mini: 35 kWh beträgt die Brutto-Kapazität (Mini: 32,6 kWh). Netto sieht die Sache schon wieder anders aus, hier sind es beim Honda nur noch 28,5 kWh (Mini: 28,9 kWh). Keine Ahnung, wo die übrigens sechs bis sieben Kilowattstunden hingekommen sind, aber es nervt. Vermutungen in diversen Foren legen den Schluss nahe, dass Honda hier Angst vor frühzeitiger Batteriealterung hat. Deshalb habe man großzügige Reserven einkalkuliert. Allerdings widerspricht dieser These ein Verbrauchstest des YouTube-Formats "Carwow", die den Akku bis zum bitteren Ende leer fuhren, und kaum Reserven unter 0 Prozent feststellen konnten.
Im WLTP-Zyklus schafft der Honda E etwa 210 Kilometer – und hier liegt auch schon der Trugschluss, den ich 2021 auch begangen habe. Die Autobahnreichweite liegt deutlich darunter. Schafft der Mini Cooper SE (WLTP: 230 km) unter idealen Bedingungen 180 Kilometer, sind es beim Honda im Sommer maximal 150 Kilometer auf der Autobahn, tendenziell eher weniger.
Richtig katastrophal wird es im Winter: Weil der Honda E keine Wärmepumpe hat, wird ausschließlich mit Strom aus dem Akku klimatisiert. Das ist im Sommer noch nicht so schlimm, weil die Klimaanlage verhältnismäßig wenig Strom braucht verglichen mit der Heizung. Im Winter sackt die Reichweite dann um gut 33 Prozent ein, teilweise noch mehr. Auf der Autobahn oder auf der Kurzstrecke sind Verbräuche von mehr als 25 kWh/100 km keine Seltenheit, eben weil die Heizung derart viel Strom frisst. Bei den aktuellen (Januar 2024) Ladepreisen landet man so schnell bei 12,50 Euro pro 100 Kilometer; da wäre ein sparsamer Benziner billiger.
Als Faustregel kann man im Winter sagen: 1 Prozent im Akku entspricht 1 Kilometer Reichweite, also bei 100 Prozent kommt man mit Ach und Krach 100 Kilometer weit – das entspricht gerade einmal der Strecke von Nürnberg nach Ingolstadt. Und selbst bei mehreren Kurzstrecken innerhalb weniger Tage nervt das ständige Nachladen irgendwann. Was uns zum nächsten Thema bringt
2. Die mickrige Batterie & das elend lahme Laden
Der Honda E ist nicht gemacht für lange Strecken, so viel ist klar. Kleines Auto, kleine Batterie. Wobei ich auch da sagen muss, dass sich das Konzept "kleines Auto, große Batterie" nicht widerspricht. Immerhin schafft es Opel (oder Peugeot) auch, in den nur marginal größeren Corsa E einen 50 kWh großen Akku reinzustopfen. Damit sind dann Reichweiten von mehr als 250 Kilometern keine Sensation mehr.
Häufige Ladenpausen beim Honda E wären auch kein Problem, hätte Honda sein Versprechen gehalten. So stand in diversen Presse- und Verkaufstexten zum Honda E mit der Ausstattungslinie Advance, dass er mit bis zu 100 kW Leistung schnell laden könne. Das stellte sich dann als "Tippfehler" heraus, woran ich große Zweifel hege. Meine Theorie: Honda hatte geplant, den E in der besseren Ausstattungsvariante schneller laden zu lassen, hat die Pläne jedoch in letzter Sekunde gekippt, aus Angst vor Haltbarkeitsdefiziten, bzw. vor frühzeitiger Batteriealterung.
Diese Theorie hat eine weitere Stütze: Gibt Honda eine Brutto-Batterie-Kapazität von 35,5 kWh an (sic!), bleiben davon netto nur noch 28,5 kWh übrig. Das ist ein Verlust von 7 kWh, die irgendwo im Bordnetz verschwinden – im Idealfall knapp 40 Kilometer Reichweite. Zum Vergleich: Opel gibt den neuen Corsa E brutto mit 50 kWh an, netto bleiben 48,1 kWh übrig. Honda hat offensichtlich enorme Reserven eingeplant, falls sich die Batterie-Gesundheit verschlechtern sollte, also die Kapazität nach hunderten Ladevorgängen. Das ist schwach, zeigt aber, wie sehr die japanischen Hersteller hinterherhinken beim Thema Elektromobilität.
Doch zurück zum Laden: 100 kW am Schnelllader waren offenbar nicht drin, daher gibt's auch für den Advance nur 50 kW Ladeleistung. Problem dabei: Diese 50 kW habe ich in zwei Jahren nur ein einziges Mal FAST gesehen. Ansonsten bewegt sich das Schnellladen eher im Schnitt bei 25 bis 35 kW. Das ist peinlich langsam und hat meiner Meinung nach nichts mit Schnellladen oder High-Power-Charging zu tun. So hockt man zwangsläufig ewig an einer Ladesäule rum und kann nur schlecht kalkulieren, mit welcher Geschwindigkeit der Honda heute laden möchte. Im Winter bei kaltem Akku sackt die Ladeleistung gelegentlich auch mal unter die 15 kW-Marke. Umso besser, wenn der Sonnenaufgang dann besonders schön ist.
Ach ja: AC-Laden, also das Laden an kleineren öffentlichen Ladesäulen, kann der Honda einphasig mit bis zu 6,6 kW. Weil die meisten Ladesäulen in Nürnberg 11-kW-Lader sind (dreiphasig, 3 x 3,7 kW), kann er an diesen nur mit 3,7 kW laden. Vollladen dauert so mehr als 8 Stunden! An anderen (dreiphasigen 22-kW-Ladern, 3 x 7,3/7,4) schafft er seine 6,6 kW, laut Lademonitor auch darüber.
3. Der fehlende Fahrmodus heißt nicht "Sport"
Ich habe mich lange gewundert, ob ich wirklich so blind bin, oder ob der Honda E wirklich nur zwei Fahrmodi hat. Ja, hat er: "Normal" und "Sport". In meinen Augen ist einer der größten Nervfaktoren beim Honda E der fehlende "Eco"-Modus. Das klingt jetzt vielleicht sehr speziell, aber lasst mich das kurz ausführen.
Meinen letzten Autos hatten bei weitem nicht alle einen Eco-Modus. Das Z4 Coupé hatte keinen, klar. Der Honda Civic Type R FK2 hatte auch keinen. Der Z4 war mit Baujahr 2007 eh zu alt für "ökonomischen Firlefanz", wie er wohl selbst sagen würde. Beim Type R haben sie im FK8 einen Comfort-Modus eingebaut, der Fahrwerk und Gasannahme merklich entspannt. Sowohl den FK2 als auch den FK8 konnte ich auf der Autobahn mit 7,5 Litern auf 100 km bewegen, ohne dabei zum Verkehrshindernis zu mutieren. Die beiden Type Rs konnten also sparsam, stellt man die 310 bzw. 320 PS in Relation. Und der Fiesta ST hatte sogar einen dedizierten Eco-Modus, in dem er einen seiner drei Zylinder vorübergehend stilllegte, um ein paar Milliliter Kraftstoff zu sparen; sparsam war er mit um die 6,0 Liter Verbrauch auf jeden Fall.
Genau diese Eigenschaft MUSS bei einem kleinen E-Auto zwangsläufig der Fall sein: Es muss effizient mit Energie umgehen können, um mit dem kleinen Akku möglichst weit zu kommen. Beispiel Mini Cooper SE: Der hatte einen Eco-Modus und regelte so die Reaktion des Fahrpedals - logo. Und: Er schaltete die Klimaanlage in einen sparsameren Modus. So kommt man bei 100 bis 120 km/h mit weniger als 15 kWh/100 km aus. Sehnsüchtig wollte ich mit dem Honda E auf der Autobahn in einen Eco-Modus schalten, um im Winter nicht gänzlich auf die Heizung verzichten zu müssen, wenn es knapp wurde mit der Reichweite. Aber nein, der Fahrmodusschalter wippt nur zwischen normal und Sport. Für mehr Reichweite bleiben nur zwei Möglichkeiten: Heizung aus und sehr langsam fahren.
4. Das Infotainment, zickendes Apple CarPlay und ein seltsames Phänomen
Manchmal hat das langsame Vorankommen auf der Autobahn auch seine Vorteile: Nutzt man Apple CarPlay und dann Navigations-Apps wie etwa Waze oder Google Maps, tut sich das nächste Problem auf. Aber dazu gleich. Zunächst: Die Verfügbarkeit von Apple Carplay eine Wohltat. Von dort habe ich direkten Zugriff auf Spotify, WhatsApp oder auch auf das ganz normale Telefon, kann Siri nutzen und so weiter. Umschalten auf das Onboard-System ist ein Rückschritt. Das Infotainmentsystem von Honda taugt mir persönlich eher wenig. DAB-Radiosender einstellen nervt, die Listenansichten sind anspruchslos gestaltet und das Navi fummelig zu bedienen.
Aber: Im Gegensatz zu Carplay-Apps wie Google Maps oder Waze funktioniert die Positionserkennung onboard wenigstens einwandfrei. Das CarPlay-Navi hinkt der tatsächlich Position des Fahrzeugs teilweise um hundert Meter hinterher, bzw. erkennt die Position nicht richtig und setzt das Referenzfahrzeug in die falsche Straße. Das nervt ungemein, vor allem in unbekannten Städten, aber auch im Alltag. Die Gründe kenne ich nicht genau, vermute aber, dass es etwas mit der Abschirmung des Akkus zu tun hat, der mit der elektromagnetischen Strahlung das schwache GPS-Signal des Handys stört. Das finde ich irgendwie beunruhigend und habe ich bisher in der krassen Form bei noch keinem Auto erlebt.
Was ich aber erlebt habe, ist das störrische Verhalten des Infotainments beim Koppeln mit Carplay, das beim Honda auch kabellos funktioniert. Oder funktionieren soll. Denn manchmal, bzw. immer dann, wenn man es brauchen, verbindet sich Carplay beim Start nicht mehr mit dem Auto. Heißt: Anhalten, Handy über USB verbinden, hoffen, fluchen, Auto ausschalten, wieder anschalten, hoffen. Manchmal weigert sich das Handy oder das Infotainment partout, eine Verbindung herzustellen – also fahre ich genervt los und plötzlich, nach zehn, 15 Minuten, verbindet es sich doch. Erste-Welt-Probleme, ich weiß. Trotzdem ein Zustand.
5. Viel verschenktes Potenzial und eine Unternehmensstrategie zum Haare raufen
Das letzte große "Ärgernis" in diesem Text hat nur bedingt etwas mit dem Auto zu tun. Dass der Honda E nicht perfekt ist, war mir von Anfang an klar. Kleiner Akku, kleine Reichweite. Viel mehr ärgert mich aber, dass es Honda nicht wie VW oder Tesla auf die Reihe kriegt, dem Auto irgendwelche Updates zu spendieren. Außer ein Kartenupdate, das ich nur über WLAN herunterladen konnte, war in zwei Jahren nichts am Fahrzeug aktualisiert worden. Das kenne ich anders.
Für ein Wochenende hatte ich einen Tesla Model 3 LR geliehen; und das fabrikneue Auto hat während dieser Zeit ein umfangreiches Update erhalten, "Vision only"-Einparkhilfe und so, Tesla-Fahrer*innen wissen, wovon ich spreche. Auch VW versucht, seine E-Autos per Update fit zu halten. Wenn nicht over-the-air, dann in der Werkstatt.
Honda hatte vor dem E beinahe null Erfahrung mit E-Autos, also war ich sicher, dass es früher oder später ein Update gibt, das zumindest ein paar Wh im Akku freigibt, Ladegeschwindigkeiten erhöht oder hohe Ströme länger halt. Aber: Es kam absolut gar nichts. Der Honda E fährt 2024 noch auf dem Stand von 2020 rum – und das darf eigentlich nicht sein. Das Wichtigste bei einem E-Auto ist neben der Antriebseinheit aus Batterie und E-Motor(en) die Software, die alles steuert. Hier hat Honda viel verschenkt: womöglich Reichweite, einen geringeren Verbrauch, Zuverlässigkeit im Infotainment und so weiter.
Der Honda E wird nach nur einer Modellgeneration nicht mehr produziert, 2024 ist Schluss. Kein Facelift, kein Nachfolger. Honda dachte sich wohl, dass sich ein SUV, der e:Ny1, besser verkauft. Aber auch der bekommt in Tests auf die Mütze für seine schwache Performance (lächerliche 78 kW Ladeleistung) an der DC-Ladesäule. Mein Nächster muss jedenfalls deutlich schneller laden können.
Natürlich war vieles am Honda E auch großartig: das Design, wie er fuhr und vieles mehr. Dazu bald mehr.